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Bei Fuß! Leinenführigkeit? Oder Freifolge?

Was genau ist eigentlich "Fußlaufen"? Ist es dasselbe wie Leinenführigkeit? Und was ist "Freifolge"? Ist das "bei Fuß" ohne Leine, oder ist es Leinenführigkeit ohne Leine (<== was zur Hölle soll das bitte sein?)?


Immer wieder stelle ich fest, dass nicht nur Ersthundehalter, sondern sogar manche Hundetrainer sich mit diesen absolut grundlegenden, simplen Begrifflichkeiten nicht auskennen und so leicht Dinge verwechselt oder in einen Topf geschmissen werden können. Dass daraus kein vernünftiges Training entstehen kann, versteht sich von selbst.


Daher nehme ich mir in der Arbeit mit meinen Kunden immer die Zeit, in Ruhe zu erklären, was überhaupt Leinenführung und was Fußlaufen ist. Was davon wichtig und nötig für einen "normalen Familienhund" ist und was eben nicht. Denn erst wenn der Hundehalter versteht, was genau er seinem Hund für einen entspannten Alltag beibringen möchte, kann er verstehen, worauf genau es im Training ankommt. Dann erst ist auch für den Hund ein faires Training und ein Lernen mit Freude und Vertrauen möglich.


In diesem Artikel werde ich diese Begriffe definieren und dir außerdem einige bewegte Bilder aus der Hundeschule zeigen, um zu verdeutlichen, wie eine gute Leinenführigkeit sowie eine Freifolge aussehen.


• Leinenführigkeit

Die Leinenführigkeit/Leinenführung/das Gehen an lockerer Leine darf nicht mit dem "Bei-Fuß-Laufen" verwechselt werden. Man darf es umgangssprachlich für sich so nennen, man darf dem Hund auch gern beibringen, auf das Signal "Fuß" hin an lockerer Leine zu gehen, aber Leinenführigkeit ist NICHT Fußlaufen.

Leinenführigkeit ist im Alltag wichtig. Fußlaufen ist Hundesport. Im Alltag brauchen wir keinen Hundesport, und auch ein im Hundesport geführter Hund läuft im ALLTAG kein Fuß!

Ein leinenführiger Hund geht neben seinem Menschen an locker durchhängender Leine. Ob er dabei 30 cm oder einen Meter neben seinem Menschen geht, ist irrelevant. Er kann auch etwas hinter seinem Menschen gehen. Er sollte nur nicht deutlich VOR seinem Menschen gehen (die Gründe dafür erläutere ich mal in einem eigenen Artikel).

Der Mensch führt den Hund, und der Hund folgt. Und zwar nicht mittels aktivem Einsatz der Leine! Es wird weder geruckt noch gezogen noch die Leine vor die Brust des Hundes gehauen oder mit dicken Lederleinen wellenfürmig knallende Geräusche verursacht. Man braucht auch keine fette Wasserflasche mitschleppen und den Hund ständig vollspritzen. All dies ist Bullshit und hat weder was mit einer souveränen Führung des Halters noch mit echtem Training zu tun, sondern lediglich mit Inkompetenz und Stress bis hin zu Angst und Schmerzen auf Seiten des Hundes.

Es geht also im Training darum, dem Hund die Position an der Seite des Menschen beizubringen. Hier soll er gehen, sich dabei vertrauensvoll an seinem Menschen orientieren, sich seinem Tempo und seiner Richtung anpassen. All dies entspannt und mit einer grundlegenden Aufmerksamkeit hin zum Menschen. Außenreize soll der Hund lernen zu ignorieren. Sprich: Der Fokus des Hundes sollte auf entspannte Art bei seinem Menschen und eben nicht in der Umwelt liegen. Daher ist Leinenführigkeitstraining für den Hund auch immer Impulskontroll- und Frustrationstoleranztraining, denn er darf ja seinen eigenen Interessen und Sinneswahrnehmungen nicht nachgehen.

Leinenführigkeit ist keine Hexerei, sie ist mit ein paar einfachen Trainingsstrategien und ein wenig Geduld leicht trainierbar.

Was bringt uns das nun, wenn der Hund leinenführig laufen kann? Es entstresst Begegnungssituationen enorm. Mit seinem Hund elegant an lockerer Leine an anderen Menschen und Hunden vorbeizukommen, ist für alle Beteiligten um Welten entspannter als ein keuchender, an der Leine zerrender, unkontrollierter Hund nebst wütend-hilflosem Halter. Auch ganz einfache kurze Wegstücke z.B. durchs Dorf oder ins Freilaufgebiet sind mit leinenführigem Hund viel schöner.

Leinenführigkeit ist jedoch nicht für den Dauereinsatz gedacht. Kein Hund sollte eine Stunde lang nur an kurzer Leine geführt werden. Das ist nicht artgerecht. Und lass dir bloß von keinem Möchtegernprofi erzählen, dein Hund sollte dauerhaft nur im Ein-Meter-Radius hinter dir schleichen.


So sieht Leinenführung aus. Auf dem Video seht Ihr "alte Hasen" nebst Hunden, die erst seit kurzer Zeit die Leinenführigkeit trainieren. Keiner dieser Hunde klebt dauerglotzend am Halter, sondern die Hunde haben gelernt, sich freudig und entspannt an ihren Menschen zu orientieren. Diese Hunde schauen auch mal nach links oder rechts, gehen mal einen Schritt schneller oder langsamer, aber keiner verliert sich mit seinen Augen oder der Nase in der Umwelt, sondern ist "bei" seinem Menschen und folgt ihm gerne.


Auch mit Hunden, die den Ruf haben, immer nur ziehen zu wollen, z.B. Schlittenhunden, ist eine gute Leinenführigkeit erreichbar:



• Freifolge

Die Freifolge ist exakt dasselbe wie die Leinenführigkeit. Nur eben ohne Leine. Ein vernünftig trainierter Hund braucht dies ohne Leine nicht mal wirklich extra lernen. Denn er hat ja gelernt, an seinem Menschen orientiert neben ihm herzugehen. Die Leine hat eine völlig untergeordnete Funktion. Man kann sogar andersrum vorgehen und die Leinenführigkeit erstmal ohne und erst später mit Leine trainieren.

Wann braucht man die Freifolge im Gegensatz zur Leinenführigkeit? Das ist eine ganz individuelle Sache und hat eigentlich nur mit diesem kleinen persönlichen Ehrgeiz zu tun, es gern noch eleganter haben zu wollen.

Merke: In der Stadt, in Gebieten mit Leinenpflicht und in Begegnungssituationen (insbesondere mit Fremdhunden) gehört allein schon aus Respekt und Höflichkeit eine Leine an den Hund.


Und so sieht die Freifolge aus:



• Fußlaufen

Fußlaufen/bei Fuß Gehen ist ein Element diverser Hundesportarten. Hier ist von der jeweiligen Prüfungsordnung eine (bzw. mehrere - bestimmte Sportarten unterscheiden bis zu 18 versch. Fußpositionen) klar definierte Position des Hundes am Bein des Menschen vorgeschrieben. Zudem soll der Hund mit Körperspannung, hoher Motivation und Konzentration laufen und seine Position am Bein exakt halten, auch bei Tempo- und Richtungsänderungen. Um dies leisten zu können, muss der Hund u.a. lernen, seine vier Beine, insbesondere die Hinterhand, gezielt einzusetzen sowie sauber zu traben und keinen Pass zu laufen. Das Ganze ist mit kleinschrittigem, sorgfältigem Training verbunden und weitaus komplexer als die Alltags-Leinenführigkeit. Ich denke, es ist selbstredend, dass kein normaler Familienhund ohne sportliche Ambitionen dies braucht.


An dieser Stelle verweise ich auf das Videomaterial diverser meiner Turnierstarts im Rally Obedience, um einen Eindruck von Fußarbeit zu bekommen:


Ich hoffe, dass meine Erläuterungen sowie die Videos dazu beigetragen haben, ein wenig Licht ins Dunkel dieser verschiedenen Begriffe zu bringen und sich ein Bild zu machen, wie ein gut trainierter leinenführiger Hund aussieht und von einem Fuß laufenden Hund zu unterscheiden ist.

Selbstverständlich gibt dieser Text meine persönlichen Definitionen wider. Andere Trainer*innen werden Dir die Begriffe evtl. anders erklären, Wichtig ist letztenendes nur, DASS gut erklärt und Trainingsziele sauber definiert und auf ihre Alltagstauglichkeit hin überprüft werden.

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